Wer kennt es nicht: Beim Schlendern durch den Supermarkt bleibt man kurz vor dem Bezahlen noch einmal einen kleinen Augenblick am Zeitschriftenregal stehen. Ob „gezwungenermaßen“, da die Regale strategisch clever direkt neben dem Kassenband platziert sind, oder aus persönlichem Interesse: Das Bild der Schönheitsideale, das sich dem potentiellen Käufer offenbart, ist immer das Gleiche.
Strahlend schöne, junge Frauen Lächeln von den namenhaften Mode- und Lifestyle Magazinen und mit Titeln wie „Ewige Schönheit: Mit diesen super Beauty-Tricks beugen sie eine faltenfreie Haut vor“ oder „10 Tipps für strahlend glatte Haut: So klappt´s garantiert!“ wird insbesondere den weiblichen Interessentinnen ein Bild vermittelt, das ungefähr so unrealistisch ist, wie eine globale Einigung in der Bekämpfung des Klimawandels.
Natürlich, die Jugend ist etwas Wunderbares und die Vorzüge, die sie mit sich bringt, sind nicht zu verschmähen. Aber jeder Mensch bekommt diese jugendliche Lebenszeit geschenkt, so ist es von der Biologie vorhergesehen und genauso ist es auch mit ihrer natürlichen Vergänglichkeit.
Die große Mode Designerin Diane von Furstenberg sagte einmal: „Meine Falten wegzubügeln wäre für mich gleichbedeutend damit, meine Vergangenheit auszulöschen“ – und damit hat sie absolut recht. Ein Gesicht ist der Spiegel des Lebens, der mit Stolz und Würde nach außen hin getragen werden sollte.
Diesen Spiegel etwas polieren zu wollen, damit sein Strahlen nicht vergeht, ist etwas ganz Natürliches, aber dieses Gefühl, dieser Anspruch, muss von innen heraus kommen und sollte nicht von leeren, unrealistischen Versprechungen in Magazinen und in der Werbung vordiktiert werden.
Warum also währt sich die Beautyindustrie immer noch so vehement dagegen, diesem Spiegel des Lebens mehr Raum zu geben?
Als drittältestes Land der Welt sollte Deutschland, mehr als jedes andere Land das Recht haben, seine Ansprüche auf eine authentischere Schönheitsindustrie geltend zu machen. 2060 wird der Anteil der Generation 65+ auf 32% ansteigen, der der 20-Jährigen wird auf 16% absinken. Laut einer Horizont Umfrage wünschen sich 85% der weiblichen Best Ager, also Frauen 50+, eine vermehrte Präsenz ihresgleichen in der Werbung. 49% nehmen diese wahr, aber nur 35% finden diese Darstellung realistisch.
Der Wunsch nach Authentizität der Zielgruppe, an die die meisten Magazine an den Supermarktkassen gerichtet sind, ist also mehr als vorhanden. Und tatsächlich lässt sich ein Trend identifizieren, der Mut macht auf eine Zukunft, in der das Alter endlich etwas mehr zelebriert wird.
Gerade im Printbereich hat sich dahingehend einiges getan. Das Jahr 2015 hat das Traditionsverlagshaus Gruner & Jahr zu seinem ganz persönlichen Jahr der „Best Ager Revolution“ auserkoren. Mit gleich zwei neuen Magazinen hat der Hamburger Verlag einen Schritt in die waghalsige Richtung getan, dem Thema „Lifestyle im Alter“ eine ganz eigene Bühne zu bieten.
Mit der „Barbara“, welche von der TV-Berühmtheit Barbara Schöneberger (45) als Editor at Large geleitet wird, behandelt das Magazin alle Themen aus den Bereichen Lifestyle, Mode & Beauty und ist an Frauen gerichtet „die bewegende Geschichten übe reale Frauen lesen möchten, Empfehlungen geben, die auch umsetzbar sind und Spaß beim Lesen haben, anstatt ein schlechtes Gewissen“. Mit über 100.000 verkauften Exemplaren pro Auflage wird deutlich, wie viel Anklang das Magazin findet, das auf Authentizität und einer gesunden Portion Humor fundiert ist.
Der zweite Clue von Gruner & Jahr ist eine neue Line-Extension des Traditionsmagazins „Brigitte“. Die „Brigitte Wir“, die sich auch als „Das Magazin für die dritte Lebenshälfte“ bezeichnet, ist explizit an Frauen ab 60 gerichtet.
Themen wie „Mit über 60 noch einmal umziehen, geht das gut?“ oder „Aufbruch: Eine Frau versilbert das Internet“, sollen älteren Frauen Mut machen, Sicherheit geben und sie dazu inspirieren, dass Frau auch ab 60 noch alle Türen im Leben offen stehen. Aber auch generationenübergreifende Themen finden in diesem Magazin ihren Platz, was in Zeiten eines extremen demografischen Wandels wichtiger denn je ist.
Die Besonderheit und Einzigartigkeit dieser Magazine ist ihre konsequente Strategie, gerade in den Bereichen Mode & Beauty auch wirklich das zu zeigen, worüber sie sich definieren: Authentische Schönheitsideale.
Zu sehen sind Models, die jenseits der 50 sind, deren Gesichter mit Leben gefüllt und von Fältchen gesäumt sind und die ihre ganz eigene Geschichte erzählen – so wie es eben ist, im Leben. Die Vermeintliche ewige Jugend wird mit Selbstironie behandelt, Beautytipps werden mit Würde gegeben, denn von leeren Versprechungen halten die Magazine nichts.
Die Mode- und Beautyeditorials sind trotzdem ansprechend und interessant gestaltet, auch hier wird mit Kreativität gearbeitet, aber es wird eben nicht überspitzt und bis zur Unkenntlichkeit retuschiert.
Die Besonderheit und Einzigartigkeit dieser Magazine ist ihre konsequente Strategie, gerade in den Bereichen Mode & Beauty auch wirklich das zu zeigen, worüber sie sich definieren: Authentische Schönheitsideale.
Zu sehen sind Models, die jenseits der 50 sind, deren Gesichter mit Leben gefüllt und von Fältchen gesäumt sind und die ihre ganz eigene Geschichte erzählen – so wie es eben ist, im Leben. Die Vermeintliche ewige Jugend wird mit Selbstironie behandelt, Beautytipps werden mit Würde gegeben, denn von leeren Versprechungen halten die Magazine nichts.
Große Marken wie L´Oreal Paris haben 2018 begonnen, für die ältere Generation eine eigene Makeup- und Pflegelinie zu kreieren, für die bekannte Persönlichkeiten wie Iris Berben oder Jane Fonda werben.
Im Social Media Bereich kommen stetig neue Best-Ager-Influencer dazu, die Beautytipps für eine reife Haut geben und deren Followerzahlen kontinuierlich steigen. Und auch im Online-Bereich ist in Deutschland erst kürzlich ein neues Magazin gegründet worden („Heyday“), welches die Schönheit des Alters in all seinen Facetten zelebriert.
Die „Aging Revolution“ hat begonnen, es scheint, als würde endlich ein Wandel stattfinden, authentischere Schönheitsideale in unsere Gesellschaft zu integrieren. Es bleibt nur zu hoffen, dass noch viele weitere Marken und Unternehmen aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen und der natürlichen Schönheit des Alters endlich mehr Aufmerksamkeit schenken.