53 Lebensjahre trennen mich und meine ›SilberFreundin‹. Das mag nach einer beachtlichen Menge an Jahren klingen, aber für mich ist es einfach nur Zeit.
Zeit, die mir meine Freundin voraus ist und in der sie all die kostbare Lebenserfahrung gesammelt hat, die sie heute freudig mit mir teilt. Doch an ihrer Lebenserfahrung teilzuhaben macht längst nicht alles unserer wunderbaren Freundschaft aus.
Es gibt da so einiges mehr, was uns verbindet und worüber wir uns austauschen – und wobei unser Altersunterschied gar keine Rolle spielt, denn das mit dem Alter ist ja so eine Sache.
Wenn ich einem jüngeren Menschen erzähle, dass ich Freundinnen habe, die einige Jahrzehnte älter sind als ich, schaue ich immer wieder in überraschte Gesichter, auf denen sich ein großes Fragezeichen auftut, das mir im Stillen mitteilt: Ist das nicht etwas schräg, so alte Freundinnen zu haben?
Dabei sind meine Freundinnen alles – nur nicht alt! Wenn wir uns auf ein Glas Wein (oder auch ein zweites und drittes) treffen oder auch nur einen gemütlichen Spaziergang machen: Die Zeit vergeht immer wie im Flug. Dabei sind unsere Gespräche so unterschiedlich wie die Lebensphasen, in denen wir uns befinden. Unsere Freuden und Hoffnungen teilen wir genauso wie unsere Sorgen und Ängste.
Gerade in Bezug auf Letztere sind wir sogar mittlerweile ziemlich erprobt darin, durch unsere unterschiedlichen ›Lebensbrillen‹ zu sehr kreativen Lösungsansätzen zu gelangen. Das Gespräch endet meistens darin, dass wir uns lachend in den Armen liegen und uns beide nur noch verschwommen erinnern, worüber wir uns eigentlich den Kopf zerbrochen haben. Wie es eben in Freundschaften so läuft.
Dass wir unsere 53 Jahre Altersunterschied nicht leugnen können, ist uns natürlich absolut bewusst. Aber wir wissen beide, dass die Werte unserer Freundschaft dieses bisschen Zeit um ein Vielfaches übertrumpfen. Denn Alter ist alles – aber nicht automatisch ›alt‹.
Für mich persönlich ist das Alter einfach eine Anzahl von Lebensjahren, die jeden Menschen individuell formt. Denn wie heißt es doch so schön: ›Das Alter ist nur eine Zahl‹ – und an diesen Worten ist ganz schön viel dran. Dass ich diese Überzeugung habe, verdanke ich einer ganz besonderen Frau: meiner Großmutter. Sie legte das Fundament meiner Begeisterung für das Leben älterer Menschen – und ist selbst das Paradebeispiel gegen jedes Altersklischee.
Mit 85 ist die Berechtigung, sie als alt zu bezeichnen, zwar definitiv gegeben, aber viel mehr als das kann man ihr nicht ankreiden. Wer ihr begegnet, trifft auf eine lebensbejahende und humorvolle Person mit einer geballten Leidenschaft für farbenfrohe Mode, aber wohl kaum auf eine ›alte Frau‹.
Und genau das ist es, was mich an meiner Großmutter und meinen ›SilberFreundinnen‹ so fasziniert und was Freundschaften zu älteren Menschen so wertvoll machen kann. Sie stehen dank ihrer Lebenserfahrung mehr denn je zu sich selbst, haben auf ihrer Lebensreise immer weitergemacht und sich von den Höhen und Tiefen dieses Abenteuers nie unter kriegen lassen. Das schenkte ihnen eine Gelassenheit, die sie heute ganz unbewusst mit einem jüngeren Menschen wie mir teilen, und mir zeigt es, dass es im Leben immer weitergeht, komme, was da wolle.
Diese wunderbaren Eigenschaften des Alters in einer Freundschaft kennenzulernen, kann ich jedem jungen Menschen nur empfehlen. Denn eine Freundschaft zwischen Jung und Alt ist nicht nur lehrreich, sondern auch unglaublich lustig und ein Leben lang bereichernd.