Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen! Ein altbekannter Spruch, der wohl so wahr ist, wie kaum ein anderer. Ich hatte während meines diesjährigen Vietnam Aufenthalts ein ganz besonderes Erlebnis, denn ich habe ein vietnamesisches „Mode-Makeover“ verpasst bekommen. Wie es dazu kam? Das erzähle ich ihnen hier (und eines sei verraten, ich habe auf jeden Fall eine modische Transformation durchlebt).
Wer schon einmal in Vietnam war und ein gewisses Interesse für Mode hegt, dem wird mit Sicherheit aufgefallen sein, dass die jungen Vietnamesinnen und Vietnamesen ein außergewöhnliches Modegespür an den Tag legen. Doch in Vietnam ist nicht nur die Jugend in Puncto Mode ein Vorreiter. Das „Modephänomen Vietnam“ zieht sich durch alle Altersgruppen und die Freude, mit der die Leidenschaft für Mode ausgelebt wird, ist einzigartig.
Ich hatte das große Glück, einen Nachmittag mit der Mutter meines besten Freundes zu verbringen, die mir ihr persönliches „Fashion-Vietnam“ gezeigt hat. Binnen kürzester Zeit wurde ich Teil der vietnamesischen Mode-Euphorie und habe mich inmitten bunter vietnamesischer Traditionsgewänder wiedergefunden – gestylt von einer außergewöhnlichen, modebewussten und modernen Frau.
Der Áo dài (Im Norden Vietnams ausgesprochen als „Ao Sai“ ab Zentralvietnam als „Ao Yai“) ist die traditionelle Nationaltracht und wird zu fast jedem Anlass getragen. Das lange Seidengewand ist ab der Hüftpartie mit einem Schlitz versehen, darunter wird eine weitgeschnittene Hose getragen, die bis zu den Fußknöcheln reicht.
Die Geschichte dieses traditionellen Gewands reicht weit bis ins 12. Jahrhundert zurück, die heutige Form wurde jedoch in den 1930er Jahren von dem vietnamesischen Designer Cát Tường entworfen. Nach Jahren der Vergessenheit erlangte der Áo dài in den 1980er Jahren sein großes Comeback und ist heute beliebter denn je. Ob als Arbeitsoutfit, Schuluniform, Hochzeits- oder Abendkleid – der Aodai wird zu fast jedem Anlass getragen und ist in den außergewöhnlichsten Farben und Variationen zu finden.
Als ich die Mutter meines besten Freundes dieses Jahr in ihrer Heimat Da Nang wiedergetroffen habe, hat mich dort mein persönliches „Ao dai Abenteuer“ erwartet. Überhaupt nicht geplant, aber so lustig und inspirierend, dass ich am Ende unserer Foto Session das Gefühl hatte, ein ganz kleines bisschen von der vietnamesischen Stilsicherheit und Grazie der Mutter meines besten Freundes abbekommen zu haben.
Eigentlich wollte ich Ha (so ihr Name) für Style is Ageless fotografieren. Zu Beginn haben wir diese klassische Fotografen & Model Aufteilung auch noch brav eingehalten bis die Mutter meines besten Freundes irgendwann meinte: Weißt du was? Du ziehst jetzt auch einen Ao dai an!
Zuerst musste ich etwas schmunzeln, da ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass ich in eines ihrer Gewänder reinpassen würde. Aber Ha schnappte mich an meiner Hand und so hatte ich keine andere Wahl, als ihr in Richtung ihres Kleiderschranks zu folgen. Innerhalb weniger Sekunden türmten sich die buntesten und außergewöhnlichsten Ao dais auf ihrem Bett – und ich hatte Glück: bereits das Zweite hat gepasst.
Man muss wissen: Vietnamesen sind Foto Profis. In Has Familie werden in ganz regelmäßigen Abstände Familien Fotoshootings veranstaltet – für die Erinnerung und einfach weil es Spaß macht!
Und nun stand ich da, etwas unbeholfen, in einer Straße in Da Nang, die zu diesem Zeitpunkt wegen eines Feiertags noch mit der Nationalflagge gesäumt war, vor der Kamera mit einem absoluten Foto-Profi. Aber was macht einen Profi aus? Genau, er lehrt den Unwissenden! Spaß hatten wir so oder so, aber bei jedem Foto merkte ich ein bisschen mehr, wie die vietnamesische Leichtigkeit auf mich abfärbte und wie ich zunehmend mehr Freude an unserem kleinen Fotoshooting bekam.
Ha zeigte mir mit viel Geduld, wie ich ihren wunderschönen, hellgelben mit strassbesetzten Ao dai in Szene zu setzen hatte und so posierte ich gemeinsam mit dieser inspirierenden Frau in ihrem Heimatland vor der Kamera. Dabei muss ich noch anmerken, dass man mein Schuhwerk bitte ignorieren muss! Aus Gründen der Spontanität war ich auf einen Nachmittag dieser Art nicht vorbereitet 😉
Dieser Nachmittag hat meine Liebe für Style is Ageless und meine Leidenschaft für das Eintauchen in fremde Kulturen auf jeden Fall auf ein neues Level gehoben. Neben Ha stand ihr Ehemann ebenfalls die ganze Zeit bei uns und hatte mindestens genau so viel Spaß wie wir. Ihr Sohn, mein bester Freund, hat schließlich die Tätigkeit des Fotografen übernommen und auch die Nachbarn hatten mit Sicherheit ihre Freude, als sie uns zwei Frauen, aus völlig unterschiedlichen Kulturen stammend, da gemeinsam auf der Straße stehen gesehen haben.
Nach unserer Fotosession war Ha auf einer Hochzeit eingeladen. In kurzer Zeit hat sie sich aus ihrem traditionellen Gewand gepellt, zurück hinein in ihre modernen Outfits, die sie ansonsten in ihrem Alltag trägt.
Dieser Mix aus dem Bewusstsein für Tradition und Moderne sind sehr bezeichnend für Vietnam. Die Pflege von Traditionen und der Kultur haben in Vietnam nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert, genau so wichtig ist es aber auch, modern zu leben und mit der Zeit zu gehen.
Wir hatten auf jeden Fall eine unvergessliche Zeit während unserer Fotosession, die ich (und ich denke Ha ebenfalls) niemals vergessen werde.